Lower Wairaki Hut bis ... Bluff
Tag 153: Lower Wairaki Hut - Telford Campsite
Obwohl wir nur 9 Kilometer laufen wollten, standen wir wieder früh auf. Immerhin war auf dem Schild angeschrieben, dass man 8h für die Strecke brauchen würde. Beim Verlassen des Zeltes wurden wir mal wieder von fanastischem Licht und Wolkenformationen begrüßt.
Der Weg führte uns wie am Tag vorher entlang einer Bergflanke durch mossbewachsenen Buchenwald. Da es sehr bewölkt war und die Sonne nur gelegentlich auf das Blätterdach schien, liefen wir meistens in einem düstereren Zwielicht. Trotzdem war es recht warm.
Nach einiger Zeit stieg der Weg im Buchenwald erst bedächtig, dann steil an, hinauf auf einen unbenannten Ausläufer des Gebirges mit 1040 Höhenmetern.
Hier endete der Buchenwald und wir standen nach etwas mehr als 2 Stunden auf einer mit Gebüsch bewachsenen Anhöhe von der sich ein toller Ausblick Richtung Süden eröffnete. Wir konnten die Bergketten des Fiordland, einen kleinen Küstenstreife der tasmanischen See, Longwood Forest, unser letztes Hinderniss vor der Küste, und den Hügel von Bluff mit einem Küstenstreifen des Pazifischen Ozeans sehen.
Genial.
Der Abstieg zur Telford Campsite folgte einige Zeit dem abfallenden Kamm über Schotter, Felsen und durch Gebüsch bevor es über Grasshänge steil hinunter zum Telford Burn ging. Die Campsite dort bestand aus einer Wiese mit zwei Ebenen und einem Plumsklo.
Wir schlugen unser Zelt auf der unteren, windgeschützteren Ebene auf und verschwanden darin, da man abwechselend von Sandfliegen aufgefressen, umgepustet oder nassgeregnet wurde.
Da es noch vor 12:00 war verbrachten wir den Rest des Tages mit Dösen, Lesen und Schreiben.
Dummerweise ist unser Zelt sehr gut darin die Wärme aufzunehmen, was dazu führte, dass wir, immer wenn die Sonne heraus kam, durchgeschwitzt im Zelt lagen. Aber das war immer noch besser als aufgefressen zu werden.
Im Lauf des Tages traf noch ein niederländisches Päarchen und eine Amerikanerin ein, die wir bereits kannten. Die Gespräche beschränkten sich jedoch auf ein Minimum, da alle ihre Zelte den Sandfliegen vorzogen.
Tag 152: Telford Campsite - Birchwood Station Hut
Am nächsten Morgen aßen wir im Zelt und brachen beim ersten Licht auf, um die vor uns liegenden 27 Kilometer möglich gemütlich angehen zu können. Der Weg sollte ausschließlich über das Gelände einer Farm gehen, an deren Grenze der Zeltplatz platziert war.
Mount Linton Station hat ~13.000 Ha und ist damit eine der größten Farmen Neuseelands. Ziemlich beeindruckend, eine Farm für die man einen Tag braucht um sie zu durchqueren.
Wir folgten zuerst auf einem Pfad dem Telford Burn, den wir bald kreuzten, um auf einen Feldweg zu wechseln. Nach ein paar hundert Metern erreichten wir eine Abzweigung an der die Wanderzeichen uns vom Fluss weg hinauf in die Hügel und von der Richtung her zurück führten. An dem Weg, der dem Fluss folgte, stand ein großes weißes Schild. Darauf stand in etwa:
Du bist falsch hier! Bitte kehre um und folge den Wanderauszeichnungen.
Falls du nicht der Auszeichnung folgst und aufgegriffen wirst,
bringen wir dich zurück zum Start und verwarnen dich.
Wirst du erneut aufgegriffen, zeigen wir das an und
du kannst zu 3 Monaten Haft oder 5000 NZD verurteilt werden!
Wir folgten also den Markierungen auf Feldwegen hinauf in die mit Gebüsch bewachsenen Hügel. Der Weg wand und schlängelte um und über sie und querte dabei gelegentlich einen Zaun, bis er wieder hinab zu einem anderen Fluss führte.
Zum Queren zogen wir wieder die Schuhe aus. Dummerweise half das nicht trockene Füße zu behalten, da auf den 100 Metern zwischen dem Fluss und dem nächsten Feldweg ein Sumpf lauerte.
Das Spiel wiederholte sich hier: Immer brav den Markierungen Hügel auf und ab folgen, auch wenn es einfachere Wege gab. Wir sahen nun aber immer deutlicher, dass wir eine Farm querten. Es waren große Schafsherden auf den Hängen zu sehen und wir querten für fast eine Stunde ein großes Fütterrübenfeld.
Es war nach wie vor warm und das Wetter wechselte zwischen Sonnenschein, Bewölkung und Nieselregen. Mittags schrieben wir eine Unterkunft am Ende der Etappe an. Eine Hütte auf der Birchwood Station. Kurz bevor wir die Hütte erreichten begann es zu regnen.
Bei der Hütte handelte es sich um ein altes Wohngebäude auf einer Farm, das umgebaut wurde. Etwas heruntergekommen und teilweise provisorisch, aber nach 4 Tagen Zelt ist eine Dusche, eine Küche und ein Stockbett alles, was man braucht. Insbesondere wenn es draußen schüttet.
Mit uns waren noch die Niederländer und die Amerikanerin in der Hütte. Wie sich herausstellte, ging es ihnen wie uns: Alle anderen Wanderer, die man so getroffen hatte, waren bereits in Bluff angekommen und man hatte sie durch Zwangspausen aufgrund von Verletzungen "verloren".
Die Amerikanerin hatte sich vor zwei Wochen bei einem Sturz einen Kochen in der Hand gebrochen und war nun mit geschientem Handgeschlenk unterwegs.
Die Niederländerin hatte eine Sehnenentzündung, bei der ihr Bein anschwoll und wollte die nächsten 4 Wochen Ibuprofen nehmen.
Schöne Versammlung von Invaliden.
Die Wettervorhersage für den nächsten Tag war leider schlecht und auch die darauffolgenden Tage sollten kalt und nass werden. Unsere Mitwanderer berichteten zudem von anderen Leuten, die den restlichen Teil zur Küste gelaufen waren und ihn als sehr matschig und anstrengend beschrieben.
Nachts raschelte und kratze es wieder ordentlich, da auch hier Mäuse unterwegs waren, so dass ich mich auf eines der oberen Stockbetten verzog.
Tag 153-158: Birchwood Station Hut - Bluff
Am nächsten Morgen saßen wir am Frühstückstisch und grübelten. Ein schöner Abschnitt mit super Wetter lag hinter uns. Ein regnerischer, matschiger Wald bei ~10° lag vor uns. Mein Bein hatte sich nicht gebessert und wir waren beide immer noch leicht erkältet.
Die Anderen zogen in den beginnenden Regen. Wir schrieben Sebastian und Johanna an, ob sie noch in der Gegend wären. Sie waren 30 km entfernt und wollten heute nach Süden weiterfahren. Das besiegelte es. Wir ließen uns einsammeln, würden den Matschwald weglassen und eventuell die Küste laufen.
Nachdem wir eingesammelt worden waren, machten wir uns auf den Weg nach Riverton. Zwischendurch stoppten wir in einem nettem Café und zweimal an der Küste. Wie angekündigt, war das Wetter jedoch naß, kalt und windig und wir stiegen jeweils nur kurz aus, um die Wellen und das Meer zu bewundern.
Da der Zeltplatz in Riverton leider vollständig ausgebucht war, fuhren wir weiter bis kurz vor Invercargill und bezogen dort alle zusammen einen Bungalow auf einem Zeltplatz. Auf dem Weg dorthin sahen wir einige Wanderer an der Straße entlang laufen - bei strömendem Regen... Unser Plan, den Küstenabschnitt zu laufen, wurde mit dieser Fahrt unwahrscheinlicher, da dieser von Riverton nach Invercargill verlief. Allerdings waren auch das mehr als 30 Kilometer und da mein Bein an diesem Tag deutlich mitgenommen von den 27 Kilometern am Vortag war, waren wir uns nicht sicher, ob wir es überhaupt versucht hätten.
Am nächsten Tag besichtigten wir 4 zusammen Invercargill. Wir sammelten unsere Bouncebox das letzte Mal ein und ließen uns dann an einer Unterkunft absetzen. Sebastian und Johanna zogen direkt weiter die Südküste entlang.
Dann beschlossen wir, nur noch den netten Teil der Strecke von Invercargill nach Bluff zu laufen - ein Weg entlang eines Flusses. Der nicht so nette Abschnitt folgte für 26 Kilometer unserer geliebten SH1. Da hatten wir schlicht keine Lust mehr drauf.
Wir gönnten uns einen weiteren Tag Pause, bevor wir dieses Wegstück angingen. Als der Weg auf die SH1 traf, suchten wir uns eine Mitfahrgelegenheit. Eine ältere Dame, die in der lokalen Gefrierfabrik arbeitete und in Bluff wohnte, nahm uns bis in den Ort mit.
Von dort aus liefen wir noch zum Stirling Point, wo wir unsere Notfallration, welche Anja seit 158 Tagen im Rucksack mit sich herumtrug, verspeisten: Outdoor-Fertigessen Cottage Pie. Dazu gab es Spaghetti aus der Dose mit den kleinen Würstchen, die es hier überall in der Kühltheke gab. ... Der Cottage Pie war das Beste, zum Rest: kein Kommentar.
Das war das Ende unserer Te Araroa Wanderung - definitiv anders, als wir es uns vorgestellt hatten, aber es war irgendwie ein passender Abschluss für die letzten fünf-einhalb Monate. Nicht perfekt, aber es fühlte sich richtig für uns an.
Der Te Araroa - eine Wanderung von einem Leuchtturm im Norden zu einem Schild im Süden Neuseelands. Wir hatten unsere guten und schlechten Tage mit dir, haben den Weg genossen und absolut gezweifelt, was wir hier eigentlich tun. Wir haben versucht alles zu laufen, unsere Grenzen erfahren und am Ende einfach das gemacht, was uns noch Spaß machte - knapp 2800 km anstatt ~3000 km. Es war eine gute Zeit, die wir nicht wiederholen wollen ;)