Kurz nach Kiwi Hut bis Arthur's Pass

Tag 110: Kurz nach Kiwi Hut - Goat Pass Hut

Am Morgen war der Wind weg. Wir frühstückten im Zelt, da es draußen mal wieder zu viele Sandfliegen gab. Es war stark bewölkt und am unteren Ende des Tals waren Regenschauer an den Bergen zu sehen.

Ein Blick auf die Karte am Tag zuvor hatte gezeigt, dass wir den Fluss direkt hier queren mussten. Wir verzichteten also auf Schuhe und stiegen in die morgendlichen Fluten. Abtrocknen und warme Schuhe an. Gutes Gefühl am Morgen. Der Weg verlief hier auf Flussbänken in einem breiten Tal, durch das sich der Fluss schlängelte. Mal war er grasbewachsen und mit Büschen, mal Schotter und Geröll. Stellenweise folgte die Route den Resten des alten Passweges oder eines 4WD-Track.
Lange trockene Füße hatten wir auch heute nicht, da immer wieder Seitenarme oder Einflüsse zu passieren waren. An einer Stelle war der Weg und die Flussbank komplett weggespült und es galt, sich für ~500m durch Wald und Gebüsch zu schlagen.

Insgesamt kamen wir jedoch gut voran und erreichten noch vormittags die Kreuzung an der man zur Straße abbiegen konnte (um abzubrechen oder abzukürzen) oder einem anderen Fluss hinauf zum nächsten Tal folgen konnte. Wir entschieden uns für die Strecke am Fluss entlang - wie geplant. Der erste Abschnitt davon hieß Flood Track und war in einer vorherigen Hütten als besondere schwierig beschrieben worden.
Tatsächlich gab es im ersten Waldstück einiges an Sturmschäden, welche den Weg versperrten. Als dieser auch noch mehrfach steil nach oben und wieder hinunter zum Fluss führte, entschieden wir, statt dem Weg zu folgen, im zu großen Teilen trockenen Flussbett daneben zu laufen. Dort war es zwar arg steinig, aber wir kamen deutlich besser voran - man konnte direkter auf das Ziel zuhalten und sich die gut laufbaren Bereiche suchen.

Gelegentlich galt es den Fluss oder Arme davon zu kreuzen, aber es war nicht mehr kalt und wir hatten sowieso schon nasse Schuhe. Somit erreichten wir die Brücke und den Start der nächsten Sektion bereits kurz vor Mittag. Deutlich schneller als über die normale Route.

Der folgende Abschnitt hieß Deception Track, folgte dem Deception River in einem engen Tal hinauf zum Goat Pass und von dort hinunter zur Straße, die über den Arthur's Pass führt. Dies ist die heutige Passroute, um von der Ost- zur Westküste zu kommen. In der Jugendherberge im Ort Arthur's Pass wartete unser nächstes Essenspacket auf uns.

Die Strecke entlang des Deception River ist auch Teil des "Coast-to-Coast"-Rennens - eine Art Triathlon (Laufen, Kajak, Radfahren) - welches jedes Jahr im Sommer stattfindet und an dem bis zu 1000 Athleten teilnehmen. Dieses Jahr war es für die zweite Februarwoche angesetzt, eine Woche nach dem wir den Abschnitt passierten.

Der Wanderweg verlief für uns im Grunde wie der vorherige Abschnitt: abwechselnd auf Flussbänken, auf denen gut zu laufen war, mal durch den Fluss und mal steil über Felsen oder über das steile Flussufer, um schwierige Stellen im Fluss zu umgehen. Am spannendsten waren hier zwei Stellen. An der einen war ein Kletterseil angebracht, um sich etwa 5 m an einer Felswand hinunter zu lassen. Die andere war eine Flussquerung, bei der das Wasser bis zum Schritt ging und so stark schob, dass wir uns ins Flussbett stemmen und weit nach vorne auf die Stöcke lehnen mussten, um nicht umgeworfen zu werden.

Das Tal und der Fluss waren sehr schön mit klarem Wasser und vielen Tobeln. Unter den Steinen am Flussufer waren regelmässig pechschwarze, die fast mit der Hand zerbechbar waren. Vermutlich Steinkohle?
Leider war es heute jedoch ziemlich frisch und nieselte regelmässig, was verhinderte, dass man es so richtig genießen oder bewundern konnte.

Zu Beginn gab es von den schwierigen Stellen wenige, da das Tal sich immer wieder weitete. Nach einigen Kilometern jedoch begann es sich stark zu verengen und anzusteigen und das Kraxeln und durch den Fluss Waten nahm zu, bis der Weg ausschließlich aus solchen Passagen bestand. Den Tag über kamen uns tatsächlich eine Hand voll Trailrunner entgegen. Ein Paar stoppte sogar und unterhielt sich kurz mit uns, bevor sie weiter das Tal hinab rannten.

Gegen Nachmittag erreichten wir die erste Hütte: Upper Deception Hut. Die Hütte war ein besserer Schuppen: Es gab nur einen Raum mit 8 Betten und eine offene Feuerstelle. Da wir noch fit waren und die Strecke für morgen verkürzen wollten und auf einen Ofen hofften, zogen wir weiter zur 2 km entfernten Goat Pass Hut, die direkt unter dem Pass lag.

Der Weg verschwand hier fast vollständig und man folgte fast nur noch dem Flussbett steil nach oben. Bereits im Abschnitt vorher waren unsere Füße kalt geworden, was nun langsam unangenehm wurde.

Nach knapp 2 Stunden war auch das geschafft. Die Hütte hatte zwei Schlafräume und einen Gemeinschaftsraum mit zwei Tischen und Bänken, aber leider keinen Ofen. Wir kochten Abendessen, backten https://hikingbug.org/bannock/ für den nächsten Tag vor und dann gab es noch heiße Schokolade. Das war das letzte, was unsere Gaskartusche hergab. Aber am nächsten Tag konnten wir ja Nachschub besorgen. Wir verzichteten aufs Waschen und verschwanden in den Schlafsäcken.

Tag 111: Goat Pass Hut - ...

Am nächsten Morgen erwachten wir mit Sturm, Regen und tiefen einstelligen Temperaturen. Draußen gab es einige neue Bäche, insbesondere direkt auf unserem Weg und einen neben der Hütte. Unser Gas war alle, wir hatten jedoch noch mehr als genug Müsli und es waren 5 andere in der Hütte mit Kochern, die sicher aushelfen würden. Wir entschlossen uns, das Wetter zu beobachten und eventuell später oder morgen weiter zu laufen. Für den Weg zu Arthur's Pass waren fünf Stunden angesetzt, wenn der Regen also vor 1300 genug nachließ und die Bäche zurück gingen könnten wir weiter.
Gelegentlich zog mal ein kleiner blauer Fleck vorbei oder es nieselte nur noch, aber nie wirklich lange. Es traf auch noch ein Hiker von der vorherigen Hütte ein, der blieb. Ein anderer lief direkt weiter. Zwei Trail Runner, die kurz in der Hütte stoppten, meinten auch dass es hart sei und man manche der Flüsse nur zu zweit queren könne, bevor sie im Regen verschwanden.
Wir haderten also mit uns und dem Wetter. Da es aber nicht besser wurde und die Vorhersage war, dass es nur einen Tag andauern würde, beschlossen wir um 1300 endgültig zu bleiben. Wie auch alle anderen in der Hütte.

Den Rest des Tages verbrachten wir also lesend, schreibend, malend oder schlafend - zum Großteil in unseren Schlafsäcken auf den Stockbetten, oder in den Schlafsäcken am Tisch sitzend. Die andere Art eines Pausetages und das Erste mal, dass wir fest hingen - nach 111 Tagen auf dem Te Araroa.

Tag 112: Goat Pass Hut bis Arthurs Pass

Am nächsten Morgen standen wir nicht zu früh auf. Wir wollten nur ~18 km nach Arthur's Pass laufen. Das Wetter hatte sich deutlich gebessert, also zogen wir nach Frühstück und gemeinsamer Hüttenreinigung die immer noch nassen Schuhe und Socken an und zogen in Regenklamotten und Handschuhen, gegen die Kälte, los.

Zum Pass waren es nur 50 Meter, danach ging es beständig hinunter. Die Qualität des Weges war deutlich besser als auf der anderen Seite. Gelegentlich mussten wir einen Zufluss oder den Fluss selbst kreuzen, aber die Wasserpegel waren normal und so kamen wir gut voran. Auch heute kamen uns wieder Trail Runner entgegen, die freundlich grüßten.

Nach 12 Kilometern erreichten wir den Zusammenfluss des Mingha und des Bealey River und damit die Schnellstraße nach Arthur's Pass.

Arthur's Pass selbst liegt etwa 5 km abseits des Te Araroa. Da direkt vor uns zwei andere Hiker ankamen und an der Straße auf eine Mitfahrgelegenheit warteten, entschieden wir uns, das Stück einfach zu laufen. Es gab einen guten Schotterstreifen neben der Straße hinter der Leitplanke, so dass das Laufen einfach war. Gelegentlich mussten wir die neben der Straße laufende Eisenbahnlinie queren, auf der während unseres einstündigen Marsches kein Zug vorbei fuhr. Bei der Linie handelt es sich um die Mainland Line zwischen Ost- und Westküste, beziehungsweise Christchurch und Greymouth. Neben Güterzügen mit Kohle verkehrt darüber eine der wenigen Passagierlinien: Die TranzAlpine, welche als eine Sehenswürdigkeit in Neuseeland und eine der sehenswertesten Eisenbahnfahrten der Welt gilt.

Arthur's Pass war kleiner als erwartet mit wenigen Häusern, einem Café, einem Restaurant, einer I-Site (der Touristeninformation) und einem kleinen Bahnhof. Für die Nacht quartierten wir uns im YHA ein, wohin wir auch unser Essenspaket geschickt hatten. Das Café war eher eine kleine Raststätte mit Pies, Sandwichs, Eis und anderem. Es gab auch eine 3x2 Meter große Regalwand mit Lebensmitteln und ein paar Haushaltsartikeln. Die Preise waren okay dafür, dass es in 80 km Umkreis keine Alternative gab. Wir kauften Gas, Käse, Dosenfrüchte, zwei Äpfel und eine Dose Tomatensoße mit Kräutern, um das Abendessen aufzuwerten. Danach bezogen wir unser Zimmer - ein kleiner Bungalow mit Doppelbett.

Der Bungalow war schick, mit kleiner Küchenzeile und Bad. Wir waren überrascht über das nette Zimmer, dachten uns aber nichts dabei. Der Schlüssel passte und die Rezeption war außerdem 15 Minuten zu Fuß entfernt.... Die junge Französin, welche uns bedient hatte und erst seit zwei Wochen dort arbeitete, hatte uns gefragt, ob wir ins Gebäude mit Dusche oder ohne wollten. Man müsse dann rüberlaufen zum Klo. Da es keinen Unterschied im Preis machte, nahmen wir die Dusche.
Wir zogen also die dreckigen Sachen aus, starteten die Waschmaschine nebenan und sprangen unter die Dusche. Während wir duschten, klopfte es an der Tür. Auf unser Rufen kam jedoch keine Antwort. 10 Minuten später klopfte es wieder. Laut. Der Manager stand vor der Tür. Wir hätten den falschen Schlüssel bekommen, wüssten, dass wir nicht En-suite gebucht hätten und müssten jetzt gleich den Raum wechseln. Er würde ihn aufschließen, drehte sich um und verschwand. Alles in einem Ton als wären wir schuld.
Geahnt hatten wir es, realisiert was passiert war nicht, aber das erklärte natürlich die Dusche und die Qualität der Einrichtung. Also packen und umziehen.

Der anderer Raum war voll in Ordnung, aber der Kontrast zum vorherigen frappierend.
Ärgerlich war vor allem das Verhalten des Managers, der scheinbar sehr erbost war und uns beim Schlüsseltausch nicht mal zuhört, als wir uns erklären wollten, sondern einfach davon lief. Unprofessionell.
Naja wir hatten unsere En-Suite Dusche ja genutzt. Hihihi. Eigentlich ziemlicher Blödsinn uns umzuziehen. Nun mussten sie zwei Räume reinigen und hatten verärgerte Kunden. Später kam die Rezeptionistin nochmal vorbei und entschuldigte sich für den Fehler und für ihren Boss, bevor sie los zog, um das andere Zimmer zu reinigen. Mit dem Kommentar: Das wird wohl ein anstrengender Nachmittag für mich. Damit tat sie uns schon wieder leid, mit so einem Chef.

Wir kochten eine große Portion Nudeln, bloggten und fielen erschöpft ins Bett.


Karte