GR54 - Die Tour (Part-II)

Tag 7: 30. Juli 2017

Refuge du Pre de la Chaumette - Le Bourg
Länge: 17,5 km

Laut Karte folgten nun auf dem Weg 3 kurz aufeinanderfolgende Pässe. Nachdem es an den Tagen zuvor bei mir immer besser lief, war ich extremst motiviert und wollte an diesem Tag alle drei schaffen und am liebsten noch das nächste ‚richtige‘ Tal am Abend erreichen. Simon ging da etwas pragmatischer ran und meinte, dass wir doch erstmal schauen, wie weit wir kommen, ohne uns Druck zu machen.

Der Wetterbericht des Hütenwirts sagte leider auch für diesen Tag wieder gleiches Wetter wie am Vortag an – schönes Wetter am Morgen und Gewitter am Nachmittag. Das führte dazu, dass das halbe Refuge bereits gegen 6 Uhr auf den Beinen war, um rechtzeitig loszuwandern. So sah man seine Tischnachbarn vom Abend zuvor auch gleich am nächsten Morgen wieder.

Die Wanderung selbst war so anstrengend wie es auf der Karte aussah – aber ein halber Tag Pause, ein richtiges Bett und eine Riesenportion Nudeln mit Fleisch am Vorabend haben die Energiereserven aufgefüllt, so dass es einfach lief. Wir flogen geradezu über die 3 Pässe.

Mein Blick ging zwar recht häufig gen Himmel, wann denn nun das vorhergesagte Gewitter kommen wird – aber bis auf erstaunliche Wolkenformationen blieb es alles ganz ruhig. Nur die Pausenzeiten hielten sich aufgrund dieser Gewitterpanik dann doch etwas in Grenzen.

Am Ende schafften wir an dem Tag tatsächlich nicht nur die Querung der 3 Pässe sondern auch noch den Weg ins Tal zum Campingplatz in Le Bourg – bei dem wir allerdings dann doch recht platt ankamen aber dann wieder mit einer warmen Dusche am Abend entlohnt wurden.

Tag 8: 31. Juli 2017

Le Bourg - Kurz vor dem Col de la Vaurze
Länge: 14,2 km

Der nächste Tag führte uns nach La Chapelle-en-Valgaudemar (bei mir einfach Voldemort genannt), dem ich laut Größe auf der Karte eine Épicerie und vielleicht auch eine Bank zutraute, denn unsere Vorräte neigten sich dem Ende. Und wenn wir die Tour in voraussichtlich 3-4 Tagen abschließen wollten, brauchten wir Nachschub oder mehr Geld, um in weiteren Gîtes oder Hütten zu übernachten.
Essen gab es in einer Campingplatz-Épicerie, Geld gab es nicht – aber wir sollten es somit bis zum Ende schaffen.

Auf ging es für uns – weiter im Tal bis Villar-Loubière und von dort wieder bergauf. Aufgrund der zusätzlichen Kilo fiel mir das Wandern heute wieder schwerer, aber als wir bereits gegen 1 Uhr an dem Refuge des Souffles ankamen, war mir das dann doch zu zeitig zum Aufhören. Der Hüttenwetterbericht sagte derweilen konstant "schönes Wetter tagsüber und Gewitter am Abend" an - nachdem das aber auch am Vortag nicht stimmte, gingen wir einfach weiter von stabil schönem Wetter aus.

Simon wollte allerdings an diesem Tag auf keinen Fall noch den Pass machen. Also haben wir uns auf die bewährte Strategie geeinigt, so weit wie möglich an den Pass heranzulaufen und uns dort ein Plätzchen zu suchen. Das hat auch wieder hervorragend funktioniert. Gerader Platz, am Nachmittag noch reichlich Sonne und ein Boulderfelsen gleich mit dabei – so konnte man sich auch abends noch sportlich betätigen :-).

Tag 9: 01. August 2017

Kurz vor dem Col de la Vaurze - Valsenestre
Länge: 14,9 km

Am nächsten Morgen dann rauf zum Pass und wie üblich gleich wieder runter. Nur war der Abstieg an diesem Tag besonders müßig – ging er doch recht steil bergab und war gesät mit Schotter, auf dem es mir dann doch einige Male die Füße wegzog. Unten im Tal im Örtchen Le Désert-en-Valjouffrey gab es zur Belohnung dann erstmal Eis und Bruschetta.

Für mich hätte es auch das Ende des Tages sein können. Als Ausrede bot sich der komplett zugezogene Himmel samt kleinerem Regenschauer auch hervorragend an. Heute war allerdings Simon hoch motiviert. (Wir vermuteten inzwischen eine starke Relation zur nächtlichen Verteilung der Isomatten … .) Das Wetter spielte ihm auch noch in die Hände – also ging es gegen 2 Uhr bei strahlendem Sonnenschein weiter – mit möglichst wenig Wasser, da der Weg ja an einem Fluss entlang lief.

Die brühende Hitze an diesem Nachmittag erforderte dann aber doch einiges an Willenskraft, um stetig weiter bergauf zu laufen. Und der erwartete Fluss neben uns war recht schnell auch verschwunden. Meine Laune dementsprechend im Keller und ich machte mir ernsthaft Gedanken um unsere Wasserversorgung. Als wir ein kleines Rinnsal fanden, nutzen wir dies auch gleich – hier wurde das Wasser allerdings zur Abwechslung mal wieder gefiltert konsumiert.
Zum Glück wurde es mit zunehmender Höhe dann doch wieder kühler. Der Pass näherte sich aber im letzten Drittel des Anstiegs nur noch sehr langsam, weil der Weg immer wieder gefühlt den halben Berg querte bevor er wieder eine Wendung machte.

Auf dem Pass begrüßte uns eine sehr unwirklich anmutende Mondlandschaft mit zackigen Felsen. Ihren Beitrag zur aufkommenden Weltuntergangsstimmung haben dann auch noch der recht heftige Wind und die grauen Wolken, die uns nun doch wieder eingeholt haben, geliefert.

Wenigstens war der Weg ins Tal besser als der letzte und wir kamen recht schnell voran. Trotzdem zehrte die Etappe an uns und in einer Pause schauten wir auf den gegenüberliegenden Pass, der in unserer Karte wieder mit Pünktchen versehen war und damit besonders schwierig sein sollte. In diesem Moment stand für uns beide fest, dass wir eigentlich schon genug Anstrengungen und Nervenkitzel für eine Probewanderung hatten und uns am nächsten Tag für die Alternativetappe entscheiden würden.

Im Tal gab es dann auch eine ausgeschilderte Biwakstelle, die verhindern sollte dass die Wanderer an gefährlichen Stellen zelten, da das Tal doch sehr von Steinlawinen und Überschwemmungen geprägt war.

Tag 10: 02. August 2017

Valsenestre - Lac de la Muzelle
Länge: 11,4 km

Nachdem unsere Wanderung am Vortag erst sehr spät endete und wir mit einer recht entspannten Alternativetappe rechneten, standen wir etwas später auf als gewohnt (also erst 7 statt 6 Uhr).
Als wir jedoch am Zusammenpacken waren - in diesem Moment wieder schwankten, welchen Weg wir nun einschlagen sollten - kam eine Wanderin auf dem Weg zum nächsten Pass an uns vorbei, die wir bereits mehrmals an den Vortagen gesehen haben. Ich unterhielt mich kurz mit ihr und ihr Plan, den bevorstehenden Pass zu queren, bewog uns am Ende doch dem ‚richtigen‘ Weg zu folgen.
Also auf in Richtung Pass - ein wenig mulmig war uns schon - aber je näher wir ‚der Wand‘ kamen (so sah sie am Vorabend vom gegenüberliegenden Pass noch aus), desto machbarer wirkte es.

Am Ende handelte es sich wieder um einen Schotterweg, der in sehr engen Zick-Zack-Kurven nach oben führte. Im Gegensatz zum Col de l'Aup Martin war der Weg hier jedoch gut ausgetreten und recht gut begehbar.

Oben wurden wir dann mit einem herrlichen Blick auf den Lac de la Muzelle entlohnt, der türkis-blau im nächsten Tal glänzte. Der Weg dahin ging dann auch recht schnell und wir machten es uns gleich nach der Ankunft auf der Terasse des Refuge de la Muzelle gemütlich. Dort verdrückten wir ohne Schwierigkeiten einen Riesenberg Spaghetti Carbonara und entschieden, den restlichen Nachmittag am See zu verbringen und den letzten Pass auf den nächsten Tag zu verschieben, da uns auch da laut Karte beim Abstieg wieder eine Pünktchenstelle erwartete.

An diesem Abend teilten wir ‚unsere‘ Zeltwiese dann auch zum ersten Mal in Sichtweite mit anderen Wanderern.

Tag 11: 03. August 2017

Lac de la Muzelle - Bourg d‘Oisans
Länge: 16,3 km

Nach einem Frühstück mit reichlicher frischer Heidelbeereinlage ging es dann am Morgen auf zum letzten Pass der Tour – mit wenig spektakulärem Ausblick.

Dafür musste man dann noch ein paar Minuten weiter laufen, um auf den See Le Lauvitel zu schauen.
Die Pünktchenstelle war auch hier wieder weniger schlimm als befürchtet – abgesichert mit Drahtseilen ging es zügig hinab zum See. Dort kamen wir kurz vor Mittag an und es waren schon einige Tageswanderer da. In der nächsten halben Stunde sollten das dann immer mehr werden, so dass wir uns kurzerhand entschlossen, die Mittagszeit für eine Wanderung weiter hinab ins Tal zu nutzen und noch an diesem Tag die Runde abzuschließen … was eine glorreiche Idee. Die Mittagshitze brütete und in Richtung Tal wurde es immer heißer und zu guter Letzt kamen uns extrem viele Tagesausflügler entgegen, die den Anstieg zum See dann doch etwas unterschätzt zu haben schienen. Irgendwann zweigte der GR in Richtung Bourg d’Oisans dann ab und wir hatten den Weg wieder größtenteils für uns.

Einen Zwischenstopp gab es noch an einem Wasserfall aber wir hatten Hummeln im Hintern und Lust auf die Vorzüge der Zivilisation. Also weiter in Richtung Bourg d'Oisans. Dort angekommen, klärten wir zunächst unsere Rückfahrmöglichkeiten in Richtung Grenoble in der Touristeninformation und ließen uns dann vor zwei Cola, einem Eisbecher und einem Milchshake nieder. Dabei haben wir unser Hotelzimmer für Grenoble gebucht und sind noch am gleichen Nachmittag mit dem Direktbus (Nr. 3030) zurück gefahren.

Fazit

Eine durch die Höhenmeter anstrengende und wirklich empfehlenswerte Tour, die Wanderern eine gute Kondition, Trittsicherheit und definitiv Schwindelfreiheit abverlangt. Sonst wird das Wandern hier einfach keinen Spaß machen.

Darüber hinaus handelt es sich um eine Tour im Hochgebirge – man sollte daher auf geeignetes Schuhwerk, wetterfeste Kleidung und eben auch detailliertes Kartenmaterial achten.
Übernachten, Wasser und Verpflegung stellten keine Probleme dar – hier ist wirklich für jeden etwas dabei.